Ursula Nuber, Diplompsychologin und Stellvertretende Chefredakteurin von "Psychologie Heute":

Wer sich von Gudrun-Holde Ortner fotografieren lässt, muss sich auf etwas gefasst machen. Sobald er das Atelier in der Heidelberger Lessingstraße 26 betritt, lässt er sich ein auf einen Prozess, der ihn in gewisser Weise verwandeln wird. Denn die Fotografin „macht“ keine Bilder von ihren Kunden und Kundinnen. Sie versucht vielmehr, ihr Gegenüber zu „erkennen“. Und das gelingt ihr auf frappierende Weise, wie die Ergebnisse – die Fotos – am Ende beweisen. Gudrun-Holde Ortner ist keine Fotografin, die nur das Äußere eines Menschen in ein möglichst gutes Licht rücken will. Damit gibt sie sich nicht zufrieden. Sie will das gewisse Etwas einer Person erfassen, ihren Charakter, ihre Stärken, ihre Sehnsüchte, aber auch ihre Lebenserfahrung. Ortner wird hinter der Kamera zur Psychologin. Deshalb sind auf ihren Bilder niemals nur die jeweiligen Menschen zu sehen, sondern ein wenig auch ihre Seele.

Fotos mit einer derartigen Ausstrahlung können nur gelingen, weil Gudrun-Holde Ortner selbst eine ganz besondere Ausstrahlung hat. Sie besitzt die seltene Gabe, Menschen „aufzuschließen“, sie von ihrer Fassade und den im alltäglichen Leben oft so notwendigen Schutzschildern zu befreien. Deshalb sieht so mancher Fotografierte sich auf Ortner-Bildern zum ersten Mal wirklich – und ist von sich selbst oft positiv überrascht.

Wie macht sie das bloß? Wie können ihr solch intensive Bilder gelingen? Da ist zum einen natürlich ihr Talent und ihre Professionalität. In der Lehre bei der renommierte Theater- und Porträtfotografin Hilde Zemann bekam sie nicht nur das Handwerk beigebracht, sondern fand ihn dieser Künstlerin auch eine Mentorin, die Ortners Begabung förderte. Der „Deutsche Jugend Fotopreis“, den sie früh erhielt und ein Stipendium waren erste Anerkennungen. Der Weg zu einer erfolgreichen Fotografin war geebnet. Doch Gudrun-Holde Ortner hat ihn – zunächst – nicht eingeschlagen. Das Schicksal zwang sie zu beruflichen und privaten Umwegen, die oft steinig waren. Und hier liegt neben ihrem Talent und ihrer Professionalität eine weitere Erklärung für ihren ganz besonderen Erfolg: Auf ihren Umwegen lernte Ortner die Menschen kennen – ihre Schicksale, ihre Sorgen, ihre Freuden.

Es waren diese Begegnungen, die ihren Blick schärften und gleichzeitig milde machten. Gudrun-Holde Ortner mag die Menschen. Deshalb begegnet jedem, der sich von ihr fotografieren lässt, nicht nur eine begnadete Künstlerin – sondern eine auf besondere Weise zugewandte Frau, die genau wissen will: Wer ist dieser spezielle Mensch, was unterscheidet ihn von den Anderen. Gudrun-Holdes Fotografien berühren – den, der von ihr fotografiert wurde, wie auch den Betrachter der Bilder. In einer Zeit, in der die mediale Bilderflut uns blind zu machen droht, öffnet uns die Heidelberger Künstlerin die Augen für das Wesentliche: den Mitmenschen.